Wie werden Gläser überhaupt hergestellt?
Wenn Sie unseren Blog-Artikel ‚Für jedes Getränk das passende Glas‘ vom 16.04.2013 gelesen haben, wissen Sie, welches Glas für welches Getränk Sie vorzugsweise nehmen sollten. Aber sicher haben Sie sich irgendwann auch schon mal gefragt, wie Glas eigentlich hergestellt wird. Falls Sie jemals eine Glasbläserei besucht haben, kennen Sie ja bereits einen Teil des Produktionsablaufes. Doch kommen wir zuerst zum Rohstoff, der ja der Ausgangspunkt aller Gläser, seien es Trinkgläser (Hohlglas), Fenstergläser (Flachglas) usw., ist.
Wohl fast jeder von uns weiß, dass Glas aus Sand hergestellt wird. Das ist im Prinzip auch beinahe richtig, um es auf einen einfachen Nenner zu bringen. Genau genommen handelt es sich dabei aber um Siliciumdioxid, also Quarzsand. Dieser besteht zum größten Teil aus Quarzkörnern, die besonders hart, widerstandsfähig und witterungsbeständig sind. Quarzglas wird erzeugt durch zusätzliche Beimengung von so genannten Glaswandlern wie z. B. Soda oder Natrium, die ein gleichmäßiges Kristallgitter verhindern. Auch senken sie die Schmelztemperaturen auf ein vertretbares Minimum herab, um mit dem Material optimal arbeiten zu können. Außerdem gelten darüber hinaus als die häufigsten Rohstoffe in der Massenglasherstellung, die man in ihrer Gesamtheit ‚Gemenge‘ nennt, noch zusätzlich: Dolomit, Kalk, Feldspat, Pottasche, aber auch Altglas und Eigenscherben (Abfallprodukte aus der Produktion).
Die meisten heute hergestellten Gläser gehören zur Gruppe der Silikatgläser. Bei Kiesel- oder Quarzglas handelt es sich um ein reines Silikatglas ohne weitere Bestandteile. Falls jedoch andere Oxide zusätzlich beigemengt wurden, spricht man z. B. bei Aluminiumoxid von Alumo-Silikatglas, nach der Zugabe von Alkalioxid von Alkali-Silikatglas usw. Solche Gläser werden unter dem Sammelbegriff Oxidische Gläser zusammengefasst.
Kalk-Natron-Glas, ein Silikatglas, das mit seiner Dichte von nur ca. 2,5 g/cm3 auch als Weichglas bezeichnet wird, ist mit ca. 90 % des weltweit produzierten Glases das vorherrschende Massenglas. Es besteht aus Silizium-, Natrium- und Calciumoxiden, die dadurch entstanden sind, dass Quarzsand, Soda und Kalk bei 1.200 Grad zusammengeschmolzen wurden, und bildet die Grundlage zur Fertigung von Hohlgläsern wie z. B. Flaschen und Trinkgläsern sowie Flachgläsern wie Spiegel- und Fenstergläsern. Das alltägliche Gebrauchsglas enthält darüber hinaus aber oft noch weitere Bestandteile, um seine Eigenschaften zu optimieren.
Reine Kalk-Natron-Gläser sind nicht so widerstandsfähig wie Spezialgläser. Sie werden durch Säuren und Laugen in ihren Bestandteilen sehr leicht angegriffen, und selbst durch Wasser können geringe Mengen aus seiner Oberfläche herausgelöst werden. Außerdem sind sie nicht immer resistent gegen plötzliche Temperaturschwankungen und bersten leicht durch auftretende Spannungen. Deshalb hat der französische Glasunternehmer Saint-Gobain ein vorgespanntes Glas erfunden und im Jahre 1930 patentieren lassen, das als sog. Sicherheitsglas vor allem im Baugewerbe und in der Automobilindustrie eingesetzt wird.
Diese Ausführungen, d. h. Einteilung der Gläser nach ihren Substanzen, ließen sich noch beliebig fortsetzen, würden aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen und Sie wahrscheinlich auch nicht interessieren. Wir haben hier also nur ein paar Beispiele herausgegriffen, die keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Bei Glas spricht man beim Überschreiten der Glasübergangstemperatur vom Transformationsbereich statt vom Schmelzpunkt, da sich dieser nicht auf einen exakten Wert (°C) bezieht. Vielmehr ist er variabel und hängt von den verschiedenen Messungsmethoden ab. Grob gerechnet liegt er zwischen 600 und 700 °C.
Mit dem schnellen Abkühlen der Glasschmelze bzw. des Gemenges wird ein amorpher Zustand erzeugt, der eine Kristallisation verhindert. (Zur besseren Erklärung: Stoffe, bei denen die Atome keine geordneten Strukturen bilden, sondern statt dessen ein unregelmäßiges Muster, werden als ‚amorphes Material‘ bezeichnet. Im Gegensatz dazu spricht man bei regelmäßig strukturierten Materialien von Kristallen.)
Die Abkühlrate ist von Fall zu Fall unterschiedlich und hängt vom Material ab. Glas ist ein typisches amorphes Material, das den amorphen Zustand am besten durch das schnelle Abkühlen der Schmelze erreicht. Dadurch wird sichergestellt, dass sich die Atome bzw. Moleküle in der Kürze der Zeit gar nicht erst regelmäßig anordnen können, also sich zwar noch Kristallkeime bilden, der absolute Kristallisationsprozess aber verhindert wird. Dies ist bei der Glasherstellung eine der wichtigsten Voraussetzungen. Bei Fensterglas kann das Abkühlen allerdings auch langsamer (mit z. B. 1 K je Minute) geschehen.
Kristallglas ist ein hochwertiges farbloses Hartglas, das mindestens 10 % Metalloxide (Bleioxid, Bariumoxid, Kaliumoxyd oder Zinkoxid – allein oder gemischt) enthalten muss. Obwohl man es bei seinem Namen vermuten könnte, ist es im physikalischen Sinne nicht kristallin, sondern amorph wie alle anderen Glassorten auch. Seine Bezeichnung wurde vielmehr von ‚Bergkristall‘ abgeleitet.
Nach der Schmelze erhält man zunächst farbloses Glas. Als färbende Substanzen für Gläser werden z. B. Metalloxide (z. B. Eisen-, Kupfer-, Chrom-, Uran-, Indium-, Cobalt-, Nickel-, Manganoxid), Cadmiumsulfid u. a. m. verwendet. Zum Färben werden unterschiedliche Methoden verwendet. So werden bei der kolloidalen Färbung z. B. Metallsalze der Schmelze beigemischt, wenn man ein sog. Rubinglas erhalten will. Die gewünschten Färbungen werden dann während der anschließenden Temperaturbehandlung, dem so genannten Tempern, erreicht.
Zum Schluss folgt die Formgebung durch verschiedene Methoden wie Pressen, Blasen, Schleudern, Ziehen, Walzen u. a. m. sowie die Kühlung, die für jedes Glas individuell festgelegt wird. Sie geschieht bei kleinen Chargen in sog. Kühlöfen und bei industrieller Fertigung durch Kühlbahnen. Der Kühlbereich liegt bei den meisten Gläsern zwischen 450 und 590 °C. Spannungen im Glas verringert man durch langsames, gleichmäßiges Abkühlen (Tempern), was je nach Stärke und Beschaffenheit des Glases zwischen 30 und 100 Minuten dauern kann. Durch das Aufbringen oder Abtragen von Schichten lässt sich die Oberfläche noch veredeln.
Bis zum fertigen Glas ist es also ein weiter Weg
Anmerkung: Die Veröffentlichung der Fotos vom Glasmacher Max erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Firma Glasscherben Köck in 94566 Riedlhütte (Bayrischer Wald).